Tennis: Der doppelte Glücksgriff aus Mazedonien

Oberligist TC 1923 Grenzach geht ambitioniert in die Saison – mit Daviscup-Spieler Dimitar Grabul aus Mazedonien.



TENNIS Oberliga: TC Radolfzell – TC 1923 Grenzach, Sonntag, 11 Uhr. Seit zwei Jahren spielt und trainiert Dimitar Grabul beim TC Grenzach. Ein Mann mit einer bewegten Vergangenheit und Gegenwart – ein Tennisspieler zwischen Oberliga und Daviscup.

Rückblick. Im Frühjahr 2015 war kein Weg zu weit. 1 758 Kilometer trennen Grenzach-Wyhlen und Skopje, die Hauptstadt Mazedoniens. Grenzachs erster Vorsitzender nahm die weite Strecke vor zwei Jahren ohne großes Grübeln in Kauf. Der mögliche Coup schien zu schön, um wahr zu sein: "Mir war in erster Linie wichtig, einen guten Trainer zu verpflichten. Dass Dimitar Grabul uns auch in der Oberliga hilft, ist ein Zückerchen", frohlockte Thilo Kaltenbach nachdem die langersehnte Neuverpflichtung Grabuls im Mai vor zwei Jahren in trockenen Tüchern war.

Seit Monaten war der Grenzacher Tennisclub 1923 damals auf der Suche nach einem neuen Jugendtrainer gewesen. Durch die beiden mazedonischen Badenweiler-Trainer Lazar Magdincev und Ilija Martinoski, Nationalmannschaftskollegen von Grabul, hatte Kaltenbach den Kontakt zum Wunschtrainer erhalten. Dass Kaltenbach mit der Verpflichtung des Daviscup-Spielers gleichzeitig auch das Oberliga-Team namhaft verstärken konnte, vergoldete den Wechselcoup. "Grabul ist damals im Anschluss für ein Wochenende zu Probetrainings nach Grenzach gekommen", erinnert sich TC-Kapitän Fabian Beck heute, zwei Spielzeiten später, und sagt: "Es hat sofort gepasst."

Der weite Weg hatte sich gelohnt: Bis heute weilt der Spielertrainer am Hochrhein. Der damals auf drei Monate begrenzte Arbeitsvertrag wurde immer wieder ausgedehnt. Grabul ist der Hauptgrund, warum viele dem TC 1923 Grenzach in der am Wochenende startenden Oberliga-Saison durchaus Chancen auf die Meisterschaft ausrechnen.

Zurück in der Gegenwart ist es nahezu unmöglich, Dimitar Grabul an einem Donnerstag an die Strippe zu bekommen: Großkampftag für den Trainer, der täglich mehrere Stunden in der Halle weilt. "Total Chaos", vertröstet Grabul im wilden Mix der Sprachen. Eine Mixtur aus deutschem, französischem und Balkan-Akzent drängt durch den Hörer. Seit dieser Woche sind die Freiplätze wieder offen, bespielbar sind sie aber noch nicht, Trainingszeiten kollidieren. Grabul muss entwirren und organisieren – ein Nationalspieler als Mädchen für alles.

45 Minuten und eine Einheit später hat der 36-Jährige vor der nächsten Trainingsgruppe Zeit, seine Geschichte zu erzählen. "Das war schon eine verrückte Zeit", sagt Grabul. Seit 16 Jahren spielt er internationale Turniere. Seit er in Grenzach ist, bleibt weniger Zeit für die eigene Karriere. Internationale Turniere spielt er nur noch, wenn sie in Mazedonien ausgetragen werden. Derzeit steht er auf Rang 1015 der ATP-Weltrangliste, vor drei Jahren noch konnte er sich Nummer 505 der Welt nennen. 93 Mal hat Grabul Mazedonien beim Daviscup vertreten, auch dieses Jahr. "Wir sind im Halbfinale ausgeschieden." In der dritten Grupp des Wettbewerbs muss man hinzufügen, ein Aufstieg wurde mehrmals knapp verpasst. Klingt nach Aufwand noch und nöcher, doch der halte sich in Grenzen: "Das ist eine Woche im Jahr, die ich mit Daviscup verbringe", erklärt Grabul und betont stolz, "das ist mein kind of my special event".

Über 15 Jahre jettete Grabul, unterstützt vom mazedonischen Verband und unterschiedlichsten Sponsoren, um die Welt. Für ganz oben hat es nie gereicht, zum Leben aber schon. 2015 stand Grabul vor der Wahl: Er wohnte mit seiner Frau, die im mazedonischen Außenministerium arbeitet, in Brüssel. "Ich musste darüber nachdenken, ob ich weiter Profi sein will oder Trainer werde", erzählt der Linkshänder. "Grenzach war die Möglichkeit, beides zu verbinden."

Zwischen 20 und 30 Stunden die Woche jagt er nun seine Schützlinge über die Grenzacher Tennisplätze. Die Frau und die zwei Kinder, die derzeit noch in Skopje wohnen, sollen bald zu ihm nach Grenzach ziehen. Die Stadt an der Grenze ist zur Heimat geworden für den Mazedonier mit belgischem Pass. "Ich wäre ja schon längst weg, wenn es mir nicht super gefallen würde." Für den französischen Erstligisten Loon-Plage, für den Grabul seit fast fünf Jahren ebenfalls aufläuft, schlägt er mittlerweile kaum noch auf. Grenzach sei "am wichtigsten geworden".

Mit dem TC 1923 strebt Grabul dieses Jahr den Aufstieg an. Zwei Vizemeisterschaften holte Grenzach unter dem Spielertrainer. Am Samstag startet die Saison mit der Partie gegen den großen Unbekannten Radolfzell. "Dieses Jahr muss es reichen", betont er. "Besonders die ersten drei Spieltage sind wichtig." Da werde "die Meisterschaft entschieden". Am nötigen Engagement mangelt es Grabul nicht: Er ist Profi durch und durch, stets mit Herzblut bei der Sache. Und für den TC 1923 ist er die Basis für Ambitionen: In der letzten Oberliga-Saison verlor Grabul nur ein Match.