6 Monate neue Regierung in Mazedonien: Revanchismus und Redefinition statt Reformen


Am 1. Juni des Jahres übernahmen die mazedonischen Sozialdemokraten SDSM als nun stärkste Regierungspartei das Ruder in Mazedonien, als Wahlverlierer. 6 Monate sind seit Amtsantritt vergangen, was hat Mazedonien in diesem ersten Halbjahr gesehen? Die Kurzform wäre, nichts was von Nöten wäre. Die Lange, eine Reihe von politischem Revanchismus gepaart mit nicht zurecht finden nach 11 Jahren "Oppositions da sein".


Viel versprochen, nichts gehalten


Im Wahlkampf, als auch als langjährige Opposition, versprach die SDSM "Milch und Honig". Besonders im Wahlkampf zu den Parlamentswahlen im Dezember 2016 lautete der Slogan "Leben für alle" oder "500€ Mindestlohn".

Von all dem hat der ordinäre Mazedonier bis heute nichts gesehen. Und wenn er mal nachgefragt hat bekam er die Erklärung, "ja wir haben versprochen den jetzigen Mindestlohn von 350€ auf 500€ anzuheben, aber, bis zum Ende unseres Mandats". Ja das hat der ordinäre Mazedonier aus dem Wahlplakat nicht entnommen, das er die 150€ Lohnerhöhung nur auf vierjahres Etappen bekommt, d.h. jährlich weniger als 40€ Erhöhung - die im ersten Halbjahr bis jetzt unsichtbar sind.


Ganz im Gegenteil die älteren Mitbürger unter uns sahen sich im Nu ins Jahr 2002 versetzt, auch damals übernahm die SDSM die Regierung nach Abhörskandal und ethnische Konflikte (welche parallele!) das Ruder und versprach im Vorfeld einiges, um dann nach Amtsantritt statt Renten wie versprochen zu erhöhen diese zu kürzen, und statt Arbeitsplätze zu generieren ("Aus jeder Familie ein Angestellter") verschlang die von ihnen eingeleitete Transition Firmen, Arbeiter und ganze Familien. Das sie selbst davon größter Nutznießer waren dürfte selbsterklärend sein?!


Die Nachfolgepartei der Kommunistischen Partei Mazedoniens aus Titos Zeit, generierte quasi über Nacht mehr als 200.000 Arbeitslose an dem schon an sich klammen mazedonischen Arbeitsmarkt. Bis heute nagt die mazedonische Wirtschaft, als auch Einzelschicksale, an den Folgen der zweiten Machtperiode der mazedonischen Ex-Kommunisten..
Anbei angemerkt, vorgestern ging der größte Arbeitgeber im Raum Kavadarci in die Insolvenz (wir berichteten im Vorfeld HIER), nein, also kein Flashback!

Wirtschaft auf Talfahrt, Subventionen gekürzt, Steuern angehoben


Mazedoniens Wirtschaft war in den Jahren unter der Regie der Vorgänger stetig im Aufwind, gewürdigt und bestätigt durch internationale Kredit- und Bankinstitute als auch durch die Kreditwürdigkeit Mazedoniens. Eine Zeit lang galt Mazedonien auch als das "Reformwunder Europas", jedoch ist diese Zeit Vergangenheit, als auch die des wirtschaftlichen Aufschwungs der zur Talfahrt mutiert.

Man hat so das Gefühl das die neue Regierung den Zeitpunkt verpasst hat auf den Staats-Geldbeutel zu schauen.


Es ist fraglich ob dies an Leuten wie dem neuen Finanzminister liegt, der erst nach Amtsantritt erstmals erfuhr das auf die mazedonische Mehrwertsteuer ein Brutto und Nettosatz existiert.Nein, es liegt nicht nur an solch unqualifiziertem Personal an den wichtigsten Institutionen des Landes, es liegt auch etwas in der Ideologie. Und die kommunistische Ideologie war wirtschaftlich meist nur auf den eigenen Geldbeutel ausgerichtet.

Ein weiterer Leitspruch in der Wahlkampagne lautete "mehr Geld in den Börsen der Bürger", der jetzt in Vergessenheit geriet. Viele Fragen sich welche Börsen, als bekannt wurde, dass die neue Regierung sich in den ersten sechs Monaten so hoch verschuldete, wie der Vorgänger mit dem s.g. Projekt "Skopje 2014" nach den allerhöchsten nicht objektiven Schätzungen ausgab. Aber wohin das Geld floss weiß keiner, zu sehen sind weder kapitale Investitionen noch sonstige Aktivitäten der Regierung in diesem Bereich.

Billigen Strom eingeführt, "Reformen" in der Bildung



Doch etwas Geschah in den ersten 6 Monaten das den Bürgern zu Gute kommt. Zum einen hat die neue Regierung den "Billigen Stromtarif" wieder eingeführt. Von 14-16 Uhr Werktags hat der mazedonische Stromverbraucher einen verbilligten Tarif. Regierungsfreunde, aber auch Kritiker befürworteten diesen Schritt, um später zu monieren "ja um diese Zeit bin ich arbeiten, wie soll ich diesen Billigtarif nutzen". Gut, die allerbesten Freunde der Regierung empfahlen Zeitschaltuhren für die Waschmaschine...

Eines was die neue Regierung im Vorfeld ankündigte, dass streichen von Externe Prüfungen wurde durchgesetzt. Jedoch vermutlich nur aus populistischen Gründen, es wurde von "nötigen Reformen im mazedonischen Bildungswesen gesprochen", die mit der Absetzung Externer prüfungen mit Sicherheit nicht reformiert wurde.

Redefinition - "Mazedonien für alle", aber dann doch nur für einen weiteren


Nachdem wir all diese Punkte nacheinander aufgereiht sehen, nun zu einem Thema das schon kurz nach der Parlamentswahl im Dezember 2016 heiß diskutiert wurde, also mittlerweile fast schon ein Jahr lang. Damals veröffentlichten die Parteien der albanischen Minderheit (am 7. Januar, orthodoxer Weihnachtstag!) ein Dokument, welches allgemein als "Tirana Plattform" bekannt ist. Dessen Existenz von der stärksten Regierungspartei stets negiert wurde, aber dann doch aktuell war bzw. ist.


Ein Punkt jener Plattform ist die Anerkennung der albanischen Sprache als zweite Amtssprache Mazedoniens, nicht wie bisher nur in den Kommunen mit mehr als 25 prozentigen Anteil der albanischen Minderheit. Nein, sondern National, per Verfassung.

Die Prozedur um dies salonfähig zu machen war schon voll im Gange, so hatte sich das mazedonische Parlament per Abstimmung dazu bekannt, dass das bestehende Gesetz "zur Anwendung der Sprachen in Mazedonien" überarbeitet werden müsste.

Doch Komischerweise, nach dem Besuch des EU Kommissars Hahn, ist dieser Tagesordnungspunkt verschwunden...


Bis jetzt unter Verschluss gehaltene Freundschaftsverträge


Zur Redefinition des Staates gehört auch eine neue Position in der Außenpolitik, alles unter dem europäischen Fähnchen. Sprich, wir wollen in die EU (als auch NATO), und obwohl Großbritannien den Zerfall jener Union einläutet, will die neue Regierung blind dahin Steuern. Also so laut den EU Bevollmächtigten und der neuen mazedonischen Regierung selbst.

Den Anfang machte Zoran Zaev und seine Regierung der Ex-Kommunsiten mit dem ehemaligen faschistischen Besatzer Mazedoniens, Bulgarien. Ohhhhh Moment, habe ich gerade "bulgarischer faschistischer Besatzer" gesagt? Man möge mir verzeihen, laut Zaev soll ich das "bulgarische" auslassen und nur noch vom Besatzer reden. Wegen der EU Aspiration der neuen Regierung (mehr dazu HIER).


Um den Weg in die EU zu ebnen wird Zaev die mazedonischen Geschichtsbücher dementsprechend revidieren, um den ehemaligen bulgarischen faschistischen Besatzer, oh Verzeihung, ich meinte natürlich nur den ehemaligen Besatzer zu besänftigen.



Aber komischerweise, auch wenn es sich es um einen Freundschaftsvertrag zwischen Mazedonien und Bulgarien handelt welche am Vortag des mazedonischen Nationalfeiertags Ilinden am 2. August unterschrieben wurde, weiß bis heute keiner was in diesem Vertrag steht.

Einst meinte Zaev, er "werde (wenn er an die Macht kommt) den Zaun um das Regierungsgebäude einreißen, weil dies das Haus der Volkes sei" und er damit Transparenz zeigen wolle.

Revanchismus - Der KPM Nachfolger im Stil der Parteiväter


"Wir werden alle lebendig Fressen, von der Putze bis zum Direktor wenn wir an die Macht kommen", hatte Zaev ein mal auf einem Parteitreffen in die Menge gejohlt und tosenden Applaus von den Parteianhängern der Nachfolgepartei der kommunistischen Partei Mazedoniens erhalten. Und in der Tat, hier hält Zaev sein Wort, dass zuerst viele belächelten.

So wurden diese Woche im ganzen 37 politische Gegner verhaftet, darunter bekannte Opernsänger, Schauspieler und Bürger die sich in einer Bürgerbewegung gegen eine Regierung angeführt von den Sozialdemokraten engagierten, aber auch sechs Abgeordnete der jetzigen Opposition die noch unter Immunität stehen wurden verhaftet.
Ganz im Stil der Ideologie ihrer Parteigründer und ehemaligen kommunistischen Regime in Mazedonien, Gegner bzw die Intelligenz jener wegsperren und Mundtot machen.

Und als ob das nicht genug ist, lässt Zaev und seine kommunistische Horde die Weggesperrten wegen "Terroristischer Vereinigung" anklagen, Mindeststrafe im entsprechenden Artikel sind 10 Jahre...

Es ist davon auszugehen das dieser Trend, politische Gegner einbuchten, andauern wird. So wie früher...

Steuererhöhung statt Erleichterungen für den Geldbeutel des Mazedoniers


Von den Wahlversprechen wurde nicht viel gehalten, und obendrauf bekamen die Mazedonier noch eine Steuererhöhung aufgebrummt. Im Eilverfahren erhöhte die neue Regierung die Verbrauchersteuer von Dieselkraftstoffen und Heizöl. Preissteigerungen von 7 bis 10 Prozent stehen somit ab Neujahr an. Auch das hat Mazedonien schon gesehen als die SDSM 2002 die Macht übernahm, statt Wahlversprechen einzuhalten wird der Steuerzahler zur Kasse gebeten...


Was ist zu erwarten?

Erwartungen haben die Mazedonier nach dem ersten Halbjahr nicht mehr viele, eher macht sich Besorgnis bemerkbar über die neue Regierungskraft der unter dubiosen Umständen (lies, illegitime Wahl eines Parlamentssprechers) an die Macht kam.


Auch aus den eigenen Reihen sowie aus den Reihen der langjährigen Mitläufer und Trittbrettfahrer keimt Kritik an die neue Regierung auf, die vermutlich noch nicht mal realisiert hat das sechs Monate vergangen sind.

Auf der Straße sagt man auch gerne, "ja was willst Du von der nicht gewählten Regierung die noch vor Amtsantritt vom Volk geprügelt wurde erwarten"...da ist was dran!