Kiro Mato: Von Mazedonien über Florida nach Markdorf

Auf einen Kaffee mit dem Mazedonier Kiro Mato, der sich nach einem bewegten Leben nun in Markdorf seinen Traum erfüllt hat. Seit September betreibt er im Schlossweg seine eigene Goldschmiede-Werkstatt.

Herr Mato, Sie sind nur scheinbar ein neues Gesicht in Markdorf. In Wirklichkeit besuchen Sie die Gehrenbergstadt schon seit vielen Jahren. Worin besteht die Verbindung und über welche Stationen führte Sie Ihr Weg?
Ich habe hier in Markdorf eine Großtante, die schon seit fast 40 Jahren in der Obertorstraße lebt. Immer wieder war ich zu Besuch hier. So lernte ich den Bodensee kennen. Vor allem in der Zeit, als ich während meines Studiums des Bauingenieurwesens für ein Auslandssemester in Romanshorn war, kam ich oft nach Markdorf. Ich fand es hier so schön und der Bodensee erinnerte mich immer an den Ohridsee in meiner Heimat. Nach meinem Studium in Struga bin ich nach München gezogen und habe Arbeit gesucht. Es war dies die Zeit des Jugoslawienkrieges von 1991 bis 1994. Meine eigentliche Profession war es aber immer, als Goldschmied zu arbeiten.

Woher kommt diese Begeisterung für das Goldschmiedehandwerk, wo Sie doch eigentlich Bauingenieur sind?
Dieses Handwerk hat eine sehr lange Tradition in unserer Familie. Alle in meiner Familie waren seit jeher Goldschmied. Und auch mir wurde diese Profession in die Wiege beziehungsweise in meine Hände gelegt.

Nach der Zeit in München gingen Sie nach Amerika. Was waren Ihre Beweggründe?
Nach Ende des Krieges gab es keinerlei Perspektive in unserem Land. Die Wirtschaft war am Boden, es gab kaum Möglichkeit, sich im zerstückelten Jugoslawien weiterzuentwickeln. Im angrenzenden Bulgarien, vor allem in Sofia, waren die Perspektiven etwas besser, aber es war einfach alles sehr schwierig für die Familie. Also beschlossen wir, nach New Jersey auszuwandern, damit ich endlich meiner wahren Profession als Goldschmied nachgehen konnte.

Was ist das für eine Tradition, die Sie für Ihren Vater, Ihren Großvater, Ihren Urgroßvater fortführen wollten?
Das ist eine sehr spezielle Tradition. Old fashion ganz im Stil unseres Landes. Für eine kurze Zeit arbeitete ich dann bei einem Goldschmied in New Jersey. Irgendwann reisten wir für einen Urlaub nach Florida und waren begeistert von diesem Land, sodass wir uns bald dort niederließen und ich erneut nach Arbeit als Goldschmied suchte. Bald war ich mit 50 Prozent an einem Geschäft beteiligt und lernte von meinem chilenischen Freund Fabio eine ganz andere Technik als jene meiner Familie. Eine Technik, von der ich bisher nichts wusste. Ich begann damit, Steine zu fassen, arbeitete viel mit Diamanten, lernte die Pavé-Technik, was anfangs ziemlich schwierig war.

Es folgten viele Jahre in Florida. Irgendwann aber sind Sie zurück in die Heimat gegangen. Weshalb?
Zunächst sind wir der Kinder wegen zurück nach Struga gegangen, weil beide an die Universität wollten, dies aber in Amerika für uns nicht erschwinglich war. Die Spuren des Krieges verblassten zusehends, und ein einigermaßen normales Leben war wieder möglich. So konnten sowohl meine Tochter als auch mein Sohn in Ohrid an einer ganz neuen Universität ihr Studium aufnehmen. In Amerika hätten wir für dieses Studium pro Kind zirka 100 000 Dollar für vier Jahre benötigt. Und bei zwei Kindern war das viel Geld. Zu viel Geld.

Wie spannte sich der Bogen schließlich von Ohrid nach Markdorf?
Wie gesagt war nach dem Krieg die wirtschaftliche Lage sehr kritisch. Und trotzdem – ich hatte ein kleines Geschäft in Ohrid, davon leben ließ sich aber nicht wirklich. Immer wieder kam ich in der Zeit zu Besuch nach Markdorf zu meiner Tante, was ich aber auch schon lange vor dem Jugoslawienkrieg regelmäßig tat. Ich weiß noch, als ich 1986 das erste mal hier her kam, war Markdorf noch relativ klein und übersichtlich. Für mich bestand die Stadt hauptsächlich aus Obertorstraße, Marktplatz und Marktstraße. Es gab noch kein Proma und auch nicht all die anderen großen Bauten. Heute denke ich: Oh, da ist gar nichts mehr wie früher. Jetzt ist das eine große Stadt und der Charme ging an manchen Ecken in der Tat verloren.

Seit zwei Jahren leben Sie nun hier und haben beschlossen, in dieser "großen Stadt" ein kleines Geschäft zu eröffnen. Wie sieht ihr Konzept aus?
Eigentlich suchte ich im gesamten Bodenseeraum nach Arbeit als Goldschmied. Das war sehr schwierig; schließlich arbeitet ich für ein Jahr als Minijobber am Flughafen Friedrichshafen. Bis ich in Singen eine Arbeit fand. Diese Arbeit bestand aber hauptsächlich aus Reparatur-Dienstleistungen. Das hat mich nicht zu 100 Prozent überzeugt, und so begann ich, nach einem eigenen Geschäft in Markdorf zu suchen. Durch einen glücklichen Zufall kam ich in Kontakt mit Herrn Schleicher, der mir das kleine Ladengeschäft im Schlossweg vermietete.

Nun führen Sie seit September Ihren eigenen Laden. Was bieten Sie an?
Erst mal bin ich sehr glücklich über diesen Umstand, denn ich habe alles, was ich mir immer gewünscht habe. Ich arbeite hauptsächlich auf Bestellungen, biete aber auch einen Express-Reparaturservice an. Ich denke, damit stehe ich in keinerlei Konkurrenz. Denn die Grundlagen meines Business' sind tatsächlich Reparaturen und eben dieser Schnell-Service möglichst innerhalb nur eines halben Tages.

Das heißt, Sie stellen hier gar keinen Schmuck her, sondern bieten eher eine Dienstleistung an?
Ja genau. Aber irgendwann möchte ich auch Spezialbestellungen annehmen und meine Kenntnisse aus Amerika umsetzen. Vielleicht in den nächsten Jahren. Jedes Design möchte ich dann anbieten können und jedem Wunsch gerecht werden. Auch meine Familientradition will ich fortführen. Gerne möchte ich mit den Kunden zusammen individuelle Schmuckstücke entwerfen.

Sie sind also zuversichtlich, was Ihre Wahlheimat und Ihre Zukunft in Markdorf anbelangt.
Ja, das bin ich. Denn ich möchte mit meiner Arbeit den Markdorfern einen guten Service bieten und diesen Ort als Zentrum nutzen. Denn Markdorf ist nicht nur Markdorf allein, sondern auch Bermatingen, das Deggenhausertal, und auch Salem liegt im Einzugsbereich. Jetzt hoffe ich natürlich, Markdorf kann mich und mein kleines Geschäft gut gebrauchen und ich damit die Innenstadt bereichern.

Zur Person
Kiro Mato ist 1963 in Struga im heutigen Mazedonien geboren. Bereits während seines Studiums des Bauingenieurwesens in Mazedonies Hauptstadt Skopje lernte Mato im Rahmen eines Auslandssemesters den Bodensee kennen. Familiäre Bande führten ihn seit 1986 regelmäßig nach Markdorf. Zu Zeiten des Jugoslawienkrieges zwischen 1991 und 1994 lebte Kiro Mato in München und ging verschiedenen Tätigkeiten nach. Mato ist verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von 20 und 22 Jahren, die in München bzw. Mazedonien geboren sind. Bis 2009 lebte die Familie in Florida und ging schließlich zurück nach Struga. Seit April 2014 wohnt Kiro Mato mit seiner Frau in Markdorf in der Obertorstraße. Im September 2016 eröffnete er im Schlossweg seine eigene Goldschmiede-Werkstatt. (hst)